Finanzmarktkrise

 „Ein Jahr nach Lehman – Zocken ohne Ende?“Video – Aufzeichnung der Sendung „PHOENIX RUNDE“ vom 15.09.09

 

Internationale Finanzmarktkrise, was geht mich das an? So denken viele. Ein fataler Irrtum. Es geht uns viel viel mehr an als wir glauben. Am schlimmsten betroffen sind wir Arbeitnehmer, Arbeitslose,  Rentner und unsere Kinder und Enkel. In Deutschland, in der ganzen Welt. Von uns, einschließlich der Ärmsten der Armen, wurden die  riesigen weltweiten Finanzvermögen zwangsfinanziert und nun sollen wir auch noch die riesigen weltweiten Spekulationsverluste zahlen.

TIEFER GREIFENDE URSACHEN DER WELTWEITEN FINANZMARKTKRISE

Die „US-Immobilienkrise“ oder „US-Subprime-Krise“ wird oft von Politik und Medien als Ursache der weltweiten Finanzmarktkrise angeführt. Viele Finanzexperten und Wissenschaftler weisen jedoch auf  tiefer greifende Ursachen der Finanzmarktkrise hin. Sie sind sich einig, die US-Immobilienkrise ist Auslöser aber nicht die Ursache der weltweiten Finanzmarktkrise: Seit Mitte der 80er Jahre expandierten die Finanzmärkte wesentlich rascher als der Warenhandel und als die Weltproduktion. Bereits Anfang 2003, schon lange vor dem Subprime-Kollaps, haben zum Beispiel Spitzen der Banken und Versicherungen in D von der Bundesregierung eine Bad Bank – zur Sammlung des  seit Jahren anwachsenden „Spekulationsmülls“ in Milliardenhöhe – verlangt.

GIGANTISCHES FINANZVERMÖGEN

Entwicklung von Bruttosozialprodukt und Finanzvermögen weltweit in Billionen US-Dollar
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Jahr                 Bruttosozialprodukt                   Finanzvermögen

1980                           10                                              12

2007                           55                                             196

Zunahme                    5,5 fach                                   16,3 fach

Quelle: wipo.verdi/McKinsey, Mapping Global Markets, Okt. 08
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Gigantisches Finanzvermögen sucht weltweit nach Anlagemöglichkeiten
Auch weltweit ist eine „Überschussliquidität“ entstanden, die schließlich durch eine enorme Aufblähung der Finanzmärkte in den letzten 25 Jahren einen Finanzmarkt-Kapitalismus entstehen lassen hat. Die Banken sind in einen „Anlagenotstand“ geraten, sie erhalten mehr Ersparnisse als sie sicher und ertragreich veranlagen können. Das viele Geld, die „Ersparnisse“ der Welt von Banken, Versicherungsgesellschaften, Pensionskassen, auf den Finanzmärkten immer riskanter angelegt, musste erst einmal durch menschliche Arbeit erwirtschaftet werden.

FUNKTION DER FINANZMÄRKTE HAT SICH GEÄNDERT

An die Stelle der Unternehmen, Regierungen und Haushalte, die Geld benötigten und sich dies überwiegend über einen Bankkredit beschafften, tritt der Rendite suchende  Finanzanleger. Die Finanzmärkte werden nicht mehr durch die Suche nach Finanzierungsmittel für Investitionen, sondern durch die Suche nach Gelegenheit zum rentablen Finanzinvestment  und schneller Gewinnmitnahme getrieben. Dabei tritt die Investitionsfinanzierung gegenüber dem spekulativ ausgerichteten Finanzinvestment in den Hintergrund. Die Umgestaltung des Bankensystems nach neoliberalen Vorstellungen wird politisch gefördert. Statt auf industrieller Wertschöpfung beruht es auf hoch spekulativen Geldanlagen. Die Markterschließungs- und Verwertungsstrategien werden immer aggressiver und waghalsiger, spekulative Verwertungsprozesse spielen eine zunehmende Rolle. Das Finanzsystem ist heute zu einem Kasino geworden.

WOHER KOMMT DAS GELD?

Woher die enorme Anhäufung des Finanzvermögens von weltweit 150 800 Milliarden Euro? Derzeit beschränkt sich die Suche nach den Ursachen der Finanzmarktkrise auf die dortigen Anbieter, vor allem die Banken. Unübersehbar ist die Tatsache, dass Unternehmen in den letzten Jahren gigantische Gewinnzuwächse zu verzeichnen hatten. Verstärkt durch parteipolitisch motivierte Unternehmens-Steuersenkungen und vielfach geduldete illegale Steuerhinterziehung. Statt die Arbeitnehmer an den gemeinsam erwirtschafteten Rationalisierungsgewinnen anteilig zu beteiligen, wurde das gigantische Finanzvermögen in die aus dem Ruder laufenden Finanzmärkte gespeist. Mit diesen Milliardenbeträgen wurden die Gewinne aber auch die Riesenverluste der immer waghalsiger werdenden Finanzspekulation ermöglicht.

Die Weltwirtschaftsleistung ist seit 1980 um das über 4fache auf gigantische 42 300 000 000 000 Euro gewachsen. Aber noch viel gewaltiger wuchs das weltweite Finanzvermögen sogar um das über 15fache,  auf gigantische 150.800 000 000 000 Euro. Und das in einer Zeit weltweit wachsender Massenarbeitslosigkeit. In der uns wg. „schlechter Wirtschaftslage aufgrund der Globalisierung“ Sozialleistungen und Löhne gekürzt,  Arbeitszeiten verlängert, viele sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze durch 1Euro Jobs und weiterer geringfügig bezahlter Beschäftigung zunehmend ersetzt und Arbeitsplätze in  Billiglohnländer verlagert wurden. Deutschland als Exportweltmeister war und ist einer der großen Sieger der Globalisierung. In dieser Zeit wurde vor allem von FDP und CDU in D gefordert die Unternehmenssteuern zu senken und von Rot-Grün und Schwarz-Rot umgesetzt. Unternehmenssteuern wurden weiter abgesenkt, statt für wegfallende  versicherungspflichtige Arbeitgeber-Beiträge einen Beitragsausgleich zu erheben. Dagegen diente der hoch verschuldete Staatshaushalt als  Begründung für weitere Sozialkürzungen, angebliche Globalisierungszwänge zur Senkung der „Lohnnebenkosten“. Zum Haushalts-Ausgleich wuchs die Steuer- und Abgabenbelastung der abhängig Beschäftigten bei zusätzlicher Reduzierung der Sozialleistungen.

DIE WIRKLICHEN URSACHEN DER INTERNATIONALEN FINANZMARKTKRISE

Viele Finanzexperten und Wissenschaftler sind sich über die tiefer greifenden Ursachen der Finanzmarktkrise einig: Die ungerechte Einkommensverteilung hat eine Geldschwemme verursacht, daraus resultiert die Aufblähung der Finanzmärkte und die jetzige Krise.
Ergänzt durch zusätzliche Geldschöpfung einerseits der Institutionen der Finanzmärkte, die mit immer höheren Anteilen von Fremd – zu Eigenkapital gearbeitet haben, und einiger Notenbanken, vor allem
der Fed, sowie andererseits der Überschussländer China, Deutschland und Japan, die mit ihrer so geschaffenen gewaltigen  Kreditblase die Verschuldung der USA und einiger anderer Defizitländer erlaubt haben.

WAS ES UNS ANGEHT – WIE STARK WIR VON DER FINANZMARKTKRISE TATSÄCHLICH BETROFFEN SIND

Um die 1980er Jahre stieg auch in D die Massenarbeitslosigkeit dramatisch an. Ihre Hauptursache ist die stetig steigende Produktivität durch den technischen Fortschritt:  Automaten und Computer verdrängen immer mehr Arbeitsplätze in Büros und  Produktion sowie in Verwaltung und Dienstleistung.
Statt die Arbeitnehmer an den gemeinsam erwirtschafteten Rationalisierungsgewinnen anteilig zu beteiligen, wurden die hohen Gewinne, siehe oben, fast ausschließlich zur Vermögensanhäufung der Unternehmen und ihrer Führungsspitzen abgeschöpft.
Verstärkt durch parteipolitisch motivierte Steuersenkungen und vielfach geduldete illegale Steuerhinterziehung. Doch nicht nur der Anteil an den Produktivitätsgewinnen wurde uns abhängig Beschäftigten vorenthalten.

Die weltweit wachsende Massenarbeitslosigkeit wurde exzessiv genutzt zur zusätzlichen Steigerung der Gewinne, zum Beispiel durch:

  • Arbeitsverdichtung und steigende Leistungsanforderungen mit resultierendem  Personalabbau
  • verstärkter Personalabbau durch bezahlte und unbezahlte Überstundenzunahme
  • Personalabbau durch Arbeitszeitverlängerung
  • Umwandlung von sozialversicherungspflichtigen Vollzeit-Arbeitsplätzen in geringfügig bezahlte Arbeitsverhältnisse (Scheinselbständigkeit, befristete Arbeit, 1Euro-Jobs,..)
  • Lohnsenkungen bei Arbeitszeitverkürzung und durch Verlagerungsandrohungen
  • Import von Waren aus Billiglohnländern statt Eigenfertigung im Lande
  • Niedrigere Einstellungslöhne und niedrigere Lohnerhöhungen
  • Lohneinsparung bei Frühverrentung (Vorruhestandsregelung).
  • Sozialleistungskürzungen durch erhöhten Arbeitnehmeranteil (erhöhte Zuzahlung/Praxisgebühr bei GKV-Leistungen,
  • durch privaten Vorsorgeanteil und Leistungskürzung bei der GRV.
  • Sozialleistungskürzungen bei Arbeitslosenversicherung und durch Hartz IV
  • Abschaffung/ Kürzung der Betriebsrente
  • Abschaffung bzw. Kürzung von Weihnachts-/Urlaubsgeld, Sondervergütungen wie 13. Gehalt, Erfolgsbeteiligungen, Sonderurlaub, …

Statt wegrationalisierte Arbeitsplätze zu ersetzen wurde die Arbeitslosigkeit, von den Regierungsparteien verstärkt: Steuerliche Förderung von Produktionsauslagerung, Niedriglohn sowie Arbeitszeitverlängerung.
So und ähnlich wirkte sich die neoliberale Wirtschaftsweise in den Industrieländern aus, noch skrupelloser wurde die Ausbeutung in den armen Ländern forciert, aber auch in erstarkenden Ländern wie China. Obwohl in dieser Zeit besonders durch diese Maßnahmen hohe bis gigantische Gewinne in D erzielt wurden, s. o. wurden die „hohe Massenarbeitslosigkeit“ und „Globalisierungszwänge“ als Gründe für die angeblich schlechte Wirtschaftslage vorgeschoben von Wirtschaft und Politik unter breiter Unterstützung der Medien.
Diese Begründungen dienten ebenfalls zur skrupellosen Ausbeutung von Mensch und Natur in den Niedriglohnländern. Mit diesen den Arbeitnehmern abgerungenen Milliardenbeträgen sind die aus dem Ruder laufenden Finanzmärkte überschüttet worden. Mit diesen Milliardenbeträgen wurden die Gewinne der immer waghalsiger werdenden Finanzspekulation erzielt.

Zudem sind viele Menschen Opfer der exzessiven Spekulationspraktiken geworden, die ihre Ersparnisse in sichere Anlagewerte investiert glaubten. Wie hoch die Verluste (bis hin zum Totalverlust) der privaten Altersversorgung sind, darüber herrscht in Medien und Politik das große Schweigen.

Und nun sollen auch noch die Verlierer dieser unanständigen Spekulationen von uns entschädigt werden
durch staatliche „Rettungspakete“ und „Bad Banks“. Geld, das dem Haushalt über viele Jahre entzogen wird, die Staatsverschuldung weiter erhöht und als Begründung dient für weitere Kürzungen der Sozialversicherungen. Steuerbelastungen in die Zukunft hinein zu Lasten unsere Kinder und Enkel. Zudem werden immer mehr Stimmen laut, die  befürchten dass die viel zitierte – der Finanzmarktkrise folgende –  Wirtschaftskrise vor allem dazu dient, weitere Arbeitsplatz- und Lohnreduzierungen zu legitimieren.

WAS WIR TUN KÖNNEN

Natürlich sind die vielfach geforderten Regulierungs- und Kontroll-Maßnahmen des Finanzmarktes unerlässlich. Der exzessiven Spekulation muss ein Ende gesetzt werden. Ebenso unerlässlich ist die Wiederherstellung des Gleichgewichtes der Verteilung von Einkommen und Vermögen. Zur Vermeidung der Aufblähung der Finanzmärkte wie zur Stärkung der Wirtschaftsmärkte aufgrund stabiler gesunder Betriebe und Unternehmen, die sichere Arbeitsplätze mit anständiger Entlohnung bieten.
Wir haben die Möglichkeit die falsche Wirtschafts- und Finanzgestaltung der Politik zu ändern. Wir alle können direkt Einfluss nehmen.  Wie – klicken Sie hier!

 

Ausführliche (Lang-) Fassung mit Quellenverweisen