Das der Korruption Tür und Tor weit offen stehen ist schlimm genug. Noch schlimmer ist jedoch, wie viel Schaden die „einvernehmliche“ Verflechtung von Politik und Wirtschaft bereits angerichtet hat:
Statt wirksame Schritte zur Wiedererlangung der Vollbeschäftigung einzuleiten, wird von Politik und Wirtschaft versucht, die mittlerweile über 25 Jahre andauernde Massenarbeitslosigkeit durch Sozialkürzungen (als Reformen kaschiert) bezahlbar zu machen. Wirtschaftsgenehme „Reformen“ treiben unsere sozialen Sicherungssysteme in den Kollaps.
Die bereits Jahrzehnte andauernde Massenarbeitslosigkeit belastet durch ausbleibende politische Ausgleichsregelungen unsere soziale Absicherung dramatisch. Aufgrund wegrationalisierter Arbeitsplätze und Abnahme sozialversicherungspflichtiger Vollzeit-Arbeitsplätze durch Umwandlung in prekäre Beschäftigungsverhältnisse entfallen auch die entsprechenden Beitragszahlungen in Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Der erforderliche Ausgleich kann aus den gemeinsam erwirtschafteten Rationalisierungsgewinnen finanziert werden. Ganz besonders gilt das für Unternehmen, die aufgrund von Rationalisierungen immer weniger Arbeitnehmer beschäftigen und dadurch immer ungenügender an den Sozialstaatskosten beteiligt sind. Statt volkswirtschaftlich notwendige Regelungen, zum Beispiel eine Wertschöpfungssteuer, einzuführen, werden entsprechende Weichenstellungen, vor allem von CDU und FDP, verweigert, dafür die Abgaben- und Steuerlast der Beschäftigten erhöht. Steuererhöhungen für Unternehmen werden seit Jahren tabuisiert. Die Kampagnen von zu hohen Unternehmenssteuern und gefährdeter Wettbewerbsfähigkeit stehen im krassen Gegensatz zu Export-Weltmeisterschaft, hohen Unternehmensgewinnen und permanenter legaler und illegaler Steuerhinterziehung riesigen Ausmaßes. Auch durch die Finanzmarktkrise wurde offenbar, welch gigantisches Vermögen sich in dieser Zeit bei den Nutzniessern, Dank der einvernehmlichen Politik, angesammelt hat.
Durch das politisch geförderte ständig sinkende Lohn- und Rentenniveau der Normal- und Geringverdiener sinkt seit Jahren ihr Lebensstandard. Die dadurch verursachte Schwächung des Binnenmarktes, der Basis unserer Wirtschaftskraft wird zu Gunsten kurzfristiger Profitmaximierung von der neoliberalen Vorherrschaft in Kauf genommen. Die einträgliche Verfilzung von Politik und Wirtschaft macht es möglich.
Millionen an Parteispenden sind geflossen, siehe:
Nebenstehend im Inhaltsverzeichnis unter “Korruption” und “Vergütung der Politiker”
Elegante Tricks statt Großspenden an Parteien,
Handelsblatt, CDU-Parteispendenautomat, Spiegel, Parteispenden-Watch-taz.de, Lobbypedia,
Bundestag–Parteienfinanzierung, Rechenschaftsberichte der Parteien
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DIE UN-KONVENTION GEGEN KORRUPTION
ist seit Dezember 2005 in Kraft und wurde von 140 Nationen, darunter auch Deutschland, unterzeichnet. Über 100 Nationen haben die Konvention mittlerweile ratifiziert, darunter Staaten wie Frankreich, Großbritannien, Kanada, Polen, Spanien, Schweden und USA. Deutschland hatte dagegen die Konvention bis 2014 nicht ratifiziert. Dieses Versäumnis ist der fehlenden Neufassung des § 108 e StGB Abgeordnetenbestechung geschuldet.
Noch Ende Juni 2013 hatte die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP mit ihrer Mehrheit im Bundestag schärfere Regeln gegen die Bestechung von Abgeordneten abgelehnt. Die Ratifikation erfolgte erst nach 9 Jahren, am 12. 11.2014, so dass das Übereinkommen am 12. Dez.2014 für Deutschland in Kraft trat, jedoch beanstandet:
Auch das Strafrechtsübereinkommen über Korruption des Europarates von 1997, seit 2002 in Kraft, wurde bisher nicht von Deutschland ratifiziert. 2012 wurde ein Sonderverfahren gegen Deutschland eingeleitet, Forderungen: Ratifizierung des Abkommens, ein schärferes Vorgehen bei Abgeordnetenbestechung sowie mehr Transparenz bei Parteispenden. Stand April 2016
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KORRUPTION IN DEUTSCHLAND PRAKTISCH OHNE STRAFRECHTLICHE FOLGEN
Korruptionsverdächtige Zahlungen von der Wirtschaft an Politiker und Parteien gibt es von den 50er Jahren bis heute. Aber bisher gab es keine Verurteilungen von Spitzenpolitikern wg. Korruption bzw. Bestechlichkeit.
Angenommen der Vertreter eines Konzerns geht in das Büro eines Abgeordneten und stellt ihm einen großen Sack mit Geldscheinen auf den Schreibtisch. Dabei sagte er: „Auf gute Zusammenarbeit!“ – und geht. Der Abgeordnete sagt: „Danke“. Und steckt das Geld in seine Schublade.
Zugegeben ein fiktiver Fall, aber ein sehr lehrreicher: Die beschriebene Verhaltensweise ist bisher nach deutschem Recht nicht strafbar.“ Praxisbeispiel: CDU-Mann Arentz, der als Landtags-Abgeordneter Gehälter von RWE kassierte, „ohne dafür etwas zu tun“, hat sich offenkundig nicht strafbar gemacht.
BISHER KEINE VERURTEILUNGEN VON SPITZENPOLITIKERN WG. KORRUPTION BZW. BESTECHLICHKEIT
Deutlich wird in den Medienberichten von Spiegel, Süddeutsche, Welt, etc über Gerichtsverfahren wg. politischer Korruption bzw. entsprechender Untersuchungsausschüsse: Unsere hochangesehenen Politiker, oft in den höchsten Ämtern, konnten Verurteilungen wg. Korruption meistens nur entgehen durch plötzlich auftretende gewaltige Gedächtnislücken, Blackouts oder schlichte Aussageverweigerungen. In keinem Fall, nicht einmal in den größten Parteispendenskandalen der Bundesrepublik, wie der „Flickaffäre“ oder der „CDU-Parteispenden-Affäre“, kam es zu Verurteilungen wg. Korruption bzw. Bestechlichkeit. Auch die FDP-Minister Lambsdorff und Friedrich wurden lediglich wg. Steuerhinterziehung zu Bewährungsstrafen verurteilt. Die Verurteilung von Holger Pfahls, der 3,8 Mio DM Schmiergeld seinerzeit als Rüstungsstaatssekretär (CSU) angenommen hatte erhielt im Aug. 2005 eine mehrjährige Haftstrafe nicht wg. Bestechlichkeit sondern Steuerhinterziehung und „Vorteilsnahme“. An persönlichen Ehrenwörtern hat es nie gemangelt, so lange bis unsere „Spitzenpolitiker“ endgültig der Lüge überführt waren.
EIN BEZEICHNENDES BILD BIETEN AUCH DIE AKTIVITÄTEN DER DEUTSCHEN JUSTIZ IN DER LEUNA-AFFÄRE:
SPIEGEL, 01. Juli 2002, von Dettmer, Markus
„Seit 1997 bemühten sich Ermittler in halb Europa um Aufklärung. Nur in Deutschland ignorierten die Staatsanwälte die Informationen mit bemerkenswerter Hartleibigkeit. Als die öffentliche Empörung anschwoll, schoben sich Staatsanwälte in der Republik den Fall gegenseitig zu, nur um ihre Unzuständigkeit zu erklären – währenddessen tickte die Verjährungsuhr. Und mit jedem verstrichenen Jahr wurde die Aufklärung schwieriger. Selbst als die Schweizer Justiz im September 2000 pralle 54 Ordner Fallakten anbot, wollte sie zunächst niemand lesen. Erst im Juli 2001 ließ der Generalbundesanwalt die 16 500 Seiten in Genf abholen – und kam damals nach Prüfung zu einem ähnlichen Urteil wie die Saarbrücker Kollegen heute:
Die „zum Teil nicht nachvollziehbaren Transaktionen lassen eine strafrechtlich relevante Finanzierung Dritter im Zusammenhang mit dem Leuna-Geschäft ebenso wenig ausgeschlossen erscheinen, wie sie eine solche belegen“.
Die Saarbrücker Staatsanwaltschaft stellt ihre Ermittlungen gegen Dieter Holzer ein.
So bleibt die Wahrheit über die Leuna-Affäre nach Abschluss der Saarbrücker Ermittlungen im Dunkeln. Die Fragen, die an ihrem Anfang standen, sind noch immer ungeklärt. Die Justiz hat offensichtlich versagt.“
STRAFBARKEIT DER ABGEORDNETENBESTECHUNG IN DEUTSCHLAND – EIN SKURILES GESETZ
Erst seit 1994 ist es in Deutschland überhaupt strafbar, Abgeordnete zu bestechen bzw. sich als Abgeordneter bestechen zu lassen. Das Gesetz, § 108 e StGB, begrenzt jedoch den Straftatbestand ausschließlich auf den Stimmenkauf von Abgeordneten für eine Wahl oder Abstimmung. Und der Kauf oder Verkauf muss vertraglich genau geregelt sein.
Nach vorherrschender Rechtsauffassung ist der § 108 e StGB derart eng gefasst, dass er wohl niemals angewendet werden würde. Dankeschön-Spenden nach der Abstimmung, Überweisungen an den Ehegatten des Abgeordneten oder Stimmenkauf für die entscheidenden Fraktionssitzungen der Mehrheitsfraktion (die die Entscheidung in der Vertretungskörperschaft in der Praxis antizipieren) sind z. B. nach wie vor straffrei, vor allem aber setzt der „Kauf“ einer Stimme, der selbstverständlich bewiesen werden muss, in der Regel das Vorliegen eines ordentlichen schriftlichen Kaufvertrages voraus, der einen klaren Zusammenhang zwischen einem Abstimmverhalten und einem materiellen Vorteil herstellt; ein derartiger Vertrag müsste zudem auch noch zur Kenntnis der Staatsanwaltschaft gelangen.
Am 2. 4. 2007 wurde ein Abgeordneter erstmals wg. Abgeordnetenbestechlichkeit verurteilt und damit erstmalig der entsprechende § 108 e des Strafgesetzbuches (StGB) angewandt. Dieser skurrile Einzelfall zeigt nicht das Funktionieren des § 108 e auf, sondern macht vielmehr die Defizite bei der Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung in Deutschland überdeutlich. Quelle 5. April 2007, aktual. bis Nov 2014, fwg osterode am harz.
KORRUPTIONSAFFÄREN OHNE ENDE
Die „Pflege der politischen Landschaft“ wurde seit den 50er Jahren systematisch und kontinuierlich betrieben. Bekannt geworden sind die CDU-Stiftungen „Zaunkönig“ und „Norfolk-Stiftung“ und „Parteinahe Stiftungen“. Beliebt sind auch geheime Schweizer Bankkonten oder Bargeldübergaben in Umschlägen, Couverts, Spezialbriefen oder Koffern. In den 70er Jahren wird auch der Trick mit „Beraterverträgen“ enthüllt: Unternehmen zahlen für nutzlose Gutachten an Briefkastenfirmen im „Steuerparadies“ Liechtenstein, von dort wandert das Geld in die Parteikassen, vor allem die der CDU. Hunderte Millionen flossen aus der Wirtschaft heimlich in die schwarzen Kassen der CDU aber auch der FDP, CSU und SPD. Als Konsequenz aus der CDU-Spendenaffäre wurde 2002 das Gesetz über die politischen Parteien verschärft, um mehr Transparenz der Parteispenden zu erreichen. Das verhinderte aber auch nicht die Nebentätigkeits-Affäre zur Jahreswende 2004/2005.
Allein die offiziell genannten Parteispenden von Wirtschaftsverbänden und Unternehmen (jur.Pers.) an die Parteien betrugen von 2000 – 2007: CDU: 204,7 Mio, CSU: 78,8 Mio, Linke: 20,1 Mio, FDP: 76 Mio, Grüne: 32,9 Mio, SPD: 107,1 Mio €. (BT-DS16/12500, BT-DS16/12550)
Quellen: Bundestag – Parteienfinanzierung Parteispenden.Unklarheiten.de
Entsprechende Angaben für den Zeitraum nach 2007 nach Veröffentlichung der Partei-Rechenschaftsberichte.
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